Einladung zur Pressekonferenz
Das Besondere Denkmal: Wohnhaus Kavalierstraße 19/19A in Berlin-Pankow
Sehr geehrte Damen und Herren,
die energetische Transformation unserer Gesellschaft – kurz Energiewende – wird gegenwärtig stark betrieben und diskutiert. Dabei wird auf die kulturellen Verluste dieses eigentlich begrüßens- werten Vorhabens kaum geachtet. Ein Beispiel ist der Umgang mit dem historischen Wohnhaus Kavalierstraße 19/19A in Berlin-Pankow. Das kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs errichtete Gebäude bildet mit der umliegenden Wohnbebauung ein einzigartiges Ensemble der Reformarchitektur des frühen 20. Jahrhunderts. Konkret handelt es sich um ein für das mittlere Bürgertum errichtetes Mehrfamilienhaus mit einem außergewöhnlich hohen Gestaltungsanspruch.
Trotz des unbestreitbaren geschichtlichen und ästhetischen Wertes plant die GESOBAU als Eigentümerin dieses Wohnhauses eine energetische Sanierung, der ein Großteil der historischen Substanz zum Opfer fallen wird. Demnach sollen unter anderem sämtliche Holzkastendoppelfenster gegen PVC-Fenster ausgetauscht und die Putzfassade mit einem Dämmputz bzw. einem Wärmedämmverbundsystem überzogen werden. Es ist ein Treppenwitz, dass der Berliner Senat vor kurzem einen Leitfaden zur Sanierung von Altbauten mit Doppelkastenfenstern erarbeitet und veröffentlicht hat, die mehrheitlich landeseigene GESOBAU sich daran jedoch nicht hält. Das ist ein Versagen der Politik, das für Berlin spezifisch ist. "Während niemand ernsthaft auf die Idee käme, die Haussmann'schen Fassaden in Paris zu dämmen, zerstören wir hierzulande unwiederbringlich Tag für Tag unser bescheidenes, von Krieg und Flächenabriss verschont gebliebenes Bauerbe. Mit der bevorstehenden Kaputtsanierung der Kavalierstraße 19 durch Polystyrol und Plastikfenster zeigt sich aufs Neue der Irrsinn der derzeitigen Sanierungswelle, die mit Umwelt- und Klimaschutzargumenten begründet wird." ( Jascha Philipp Braun, Autor des Blogs "Stadt.Bild.Berlin")
Zudem ist die energetische Sanierung der Kavalierstraße unwirtschaftlich. Laut Modernisierungs- ankündigung der GESOBAU stehen geplanter Energiekosteneinsparung von 0,56 € je Quadrat- meter und Monat umlagefähige Kosten für die energetische Sanierung von umgerechnet rund 2,20 € gegenüber. „Egal ob nun die Mieter oder die GESOBAU die Verluste tragen – einer muss es. Sind es die Mieter, steigen die Mieten. Ist es die GESOBAU, fehlen der die Mittel für den Wohnungsneubau und die Mieten in Berlin steigen“ (Prof. Dr. Harald Simons, Hochschule für Wirtschaft, Technik und Kultur Leipzig und Vorstandsmitglied Forschungsinstitut empirica). Damit konterkariert die energetische Sanierung grundlegend die Bemühungen um bezahlbare Mieten in Berlin.
Aufgrund der geringen Energiekosteneinsparungen ist auch der Nutzen für das Klima durchaus überschaubar. „Während die tatsächliche Energieeinsparung minimal ist, sind es die unmittelbaren Folgen aber nicht: glattgebügelte, “plastifizierte“ Altbauten, Verluste an Schönheit, Bildung, kultureller Identität, Attraktivität, handwerklicher Kunstfertigkeit..., von Dingen also, die wiederum unsere Kommunen prägen.“ (Sebastian Rost, Sprecher der Landesgruppe Berlin/Brandenburg im Verband Restaurator im Handwerk e.V. .)
Der Verein „Denk mal an Berlin e. V.“ erklärt die Kavalierstraße 19/19A daher zum Besonderen Denkmal. Er lädt gemeinsam mit dem „Verein zur Bewahrung historisch-wohnkulturell bedeutender Gebäude in der Kavalierstraße, Berlin-Pankow“ (i.G.) ein zu einem
Pressegespräch am Donnerstag, 19. März 2015 um 11 Uhr in der Kavalierstraße 19, 13187 Berlin-Pankow
Die Veranstaltung will nicht nur auf die drohende unwiederbringliche Stadtbildzerstörung aufmerksam machen, sondern auch die wirtschaftlichen Folgen diskutieren sowie Alternativwege bei der energetischen Sanierung von historisch wertvollen Altbauten fördern.
11.00 Uhr 11.05-11.30 Uhr
Begrüßung Dr. Agnete von Specht, Geschäftsführerin Denk mal an Berlin e.V.)
Einführung Jascha Braun (Mitbegründer der Initiative „Gegen die Zerstörung historischer Fassaden durch Außendämmung“) Die Auswirkungen des WDVS im Stadtbild anhand von Vorher-Nachher- Fotos aus dem neuen Informationsportal „Fassadenretter“
Kommentar Prof. Dr. Harald Simons, (HWTK Leipzig, Professor für Volkswirtschaftslehre) Die Wirtschaftlichkeit energetischer Sanierungen
Sebastian Rost (Stuckateurmeister, Restaurator im Handwerk, Dipl. Ing. Architektur, Sprecher d. Landesgruppe Berlin/Brandenbg. im Verband Restaurator im Handwerk e.V.) Stuck, Putz, Wärmedämmung an Fassaden: Kleid oder Verkleidung?
Matthias Weinhold (Sprecher des Vereins zur Bewahrung historisch-wohnkulturell bedeutender Gebäude in der Kavalierstraße, Berlin-Pankow) Vom Gegeneinander zum Pilotprojekt
11.30 Uhr Pressegespräch unter Mitwirkung von:
Florian Mausbach, Dipl. Ing., Landesdenkmalrat Berlin, Präsident a.D. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung,
Hans Timm, Geschäftsführer der „Hans Timm Fensterbau GmbH & Co. KG“, Träger der Ferdinand-v.-Quast-Medaille,
Katrin Lompscher, Baupolitische Sprecherin DIE LINKE
U.A.w.g. an:
Denk mal an Berlin e.V. / Dr. Agnete v. Specht Kantstraße 106
10627 Berlin
Tel. 030-45 08 77 -17 oder -18 (Montag - Freitag, 10 - 16 Uhr)
Fax 030-45 08 77 -19 mail@denk-mal-an-berlin.de www.denk-mal-an-berlin.de
Eva Köppen (für die Hausgemeinschaft der Kavalierstr. 19/19A & den Verein zur Bewahrung historisch-wohnkulturell bedeutender Gebäude in der Kavalierstraße, Berlin-Pankow, i.G.) www.kavalierstrasse.de